In den vergangenen vier Wochen konnte ich die internationale Energieluft ziemlich ausgiebig schnuppern. Ich war zu einem Future Energy Forum an der Expo Astana eingeladen, an dem wir uns über die Treiber dieses Changes aber auch über die wichtigsten Herausforderungen unterhielten. Denn die Expo will ein Schlussmanifesto machen, welches internationale und nationale Adressaten hat: wie soll die zukünftige Energiepolitik designt werden, um ökologisch und ökonomisch Sinn zu machen. Zudem nahm ich an den Swiss US Energy Innovation Days SUEID teil und konnte mich über die neusten Trends in den USA informieren.
Russland: mit Nuklear das fossile Zeitalter verlängern
In Astana diskutierten wir auf der Konferenz aber auch beim Besuch der einzelnen Länderpavillons intensiv, welche Nationen den Change wirklich tragen und prägen. Die beiden bisher führenden Weltmächte präsentieren sich dort ziemlich schräg. Im Zentrum des russischen Pavillons ist ein wohl vier Meter grosser Eiswürfel frisch aus der Arktis zu sehen, welcher die zentrale Botschaft verbreitet: dank atombetriebenen Eisbrechern werden wir in den nächsten Jahrzehnten auch die letzten Ölreserven in der Arktis heben – the future is fossil and nuclear.
Amerika: zu kurzfristig profitorientiert
Der US-Pavillon ist zwar schön gemacht, doch werden keine Botschaften vermittelt oder spannende Experimente gezeigt. Vielmehr wird man permanent darauf hingewiesen, dass man ja nichts fotografieren darf (in den anderen Länderpavillons wird man zum Selfie- und Fotomachen beinahe animiert). Auch die SUEID haben mir klargemacht, dass man nicht nur wegen der Regierung Trump die USA in den nächsten Jahren nicht auf eine Leadrolle setzen kann. Zwar werden im Silicon Valley sowie an den Top-Universitäten neue Technologien entwickelt, aber unklar ist, was dann wirklich umgesetzt wird. Zudem ist die amerikanische Mentalität der kurzfristigen Profitmaximierung kaum dazu geeignet, längerfristige Veränderungen einzuleiten und umzusetzen. Da schüttelten nicht nur die EMPA-Gebäudecracks beim Besuch des Empire State Buildings den Kopf, als uns aufgezeigt wurde, wie wenig bei einem jetzt bald neunzigjährigen Gebäude nun wirklich in den Retrofit investiert wird. Auch sind die Energieinfrastrukturen in einem äusserst schlechten Zustand: da wird zu wenig investiert, um wirklich auch langfristig erstklassig zu sein. Privater Reichtum einer kleinen gierigen Oberschicht gekoppelt mit immer grösseren Anteilen von Verlierern des sozialen Wandels schaffen nicht die Kraft, welche für eine Leadrolle bei der Bewältigung des Wandels der Energiesysteme nötig wäre.
China auf der Überholspur
Nicht nur bei den Länderpavillons an der Expo Astana zeigt sich China von der besten Seite. Ebenso sind die Erfolge ihrer Politik beeindruckend: China hat bei Photovoltaik sowie Windenergie wesentlich dazu beigetragen, dass diese Technologien massentauglich und eben auch sehr kostengünstig werden. Auch die neusten chinesischen Entscheide für die Einführung einer E-mobilitätsquote für die einzelnen Autohersteller wird mithelfen, dass sich auch die zögerlichsten (deutschen) Produzenten nun ernsthaft mit dieser Technologie befassen müssen.
Schweizer Energiepolitik augenzwinkernd präsentiert
Daneben bringen grössere und kleinere Länder ihre wichtigen sowie innovativen Beiträge für den Umbau der Energieszene, dies zeigen auch verschiedenste Länderpavillons an der Expo in Astana. Der Schweizer Pavillon zählt dabei nicht zu unrecht zu den attraktivsten, vor dem sich lange Warteschlangen bilden. Witzig und mit recht viel Humor wird unsere Energiepolitik präsentiert: da sitzt man am Tisch einer nachgebildeten Monterosa-Hütte und lässt sich mit Blick aufs Matterhorn die Energieautarkie dieses Gebäudes erklären. Da wird in einer zweiten Hütte in einem didaktisch erstklassigen Sketch energieeffizient (Dölf Ogi grüsst von Ferne) eine Rösti hergestellt, die man testen darf. Da zeigt Swissnex neuste Technologien im Praxiseinsatz: so konnten beispielsweise die Besucher in kleinen Gruppen Solarlampen basteln und erhielten damit einen Einblick in diese für sie neue Technologie. So wird unsere Energiepolitik für die Bevölkerung eines Landes wie Kasachstan verständlich. Eine Bevölkerung, die sich bisher wohl nicht mit den beiden wichtigsten Pfeilern der Energiestrategie 2050, Energieeffizienz und Erneuerbare, befasst hat.
Erscheint bei Energate Messenger am 25. August 2017