Energiepolitik ist in der Schweiz eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden. Bereits in der Bundesverfassung ist festgehalten, dass für den Gebäudesektor vor allem die Kantone zuständig sind. Sie haben sich im Rahmen der Energiestrategie 2050 denn auch verpflichtet, dass sie die Vorschriften sowohl für Neubauten als auch für Sanierung bestehender Gebäude anpassen und dabei insbesondere den neusten technischen Entwicklungen Rechnung tragen.
In der Folge haben die Experten der verschiedenen kantonalen Energiefachstellen gemeinsam einen Vorschlag für die so genannten „Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich“ (MuKEn) zuhanden der Energiedirektorenkonferenz EnDK erarbeitet. Dort sitzen die 26 für Energie zuständigen Regierungsrätinnen und -räte zusammen, ein durch und durch bürgerlich dominiertes Gremium. Die EnDK hat diese MuKEn genehmigt und im Sinne eines Mustergesetzes den einzelnen Kantonen zur Umsetzung weitergegeben.
In Luzern sagen Gewerbe, Handelskammer, Städte, Gemeinden und FDP Ja
Am kommenden 10. Juni kommt nun dieses Mustergesetz in den Kantonen Luzern und Solothurn zur Abstimmung. Bemerkenswert ist, dass im Kanton Luzern das Gesetz vom Gewerbeverband wie auch von der Handelskammer, von den Gemeinden wie auch von der FDP unterstützt wird. Im Kanton Solothurn wenden sich dieselben Gruppen vehement gegen dieses Energiegesetz, das sich kaum von jenem des Kantons Luzern unterscheidet. Speziell zu denken gibt dabei die Position des Gewerbeverbands, der in dieser Vorlage eigentlich ein langfristiges Impuls- und Förderprogramm für seine baunahen Branchen sehen müsste.
Fehlt etwa nur das Wörtchen Biogas?
Energiepolitik ist wie gesagt eine Gemeinschaftsaufgabe. Kantone und Gemeinden müssten eigentlich fair sowie verständnisvoll miteinander umgehen und versuchen, sich gegenseitig zu unterstützen. Ein wenig schräg daher kommt deshalb das von prominenter Seite verfasste Schreiben gegen das Solothurner Energiegesetz, unterzeichnet von den Stadtpräsidenten von Olten, Solothurn und Grenchen zusammen mit dem SVP-Präsidenten. Was man wissen muss: Diese drei Städte sind so genannte „Energiestädte“, tragen also ein vom Bund unterstütztes Label, das sie dazu verpflichtet, ihre Kommunen klima- und energiepolitisch voranzubringen. Anstatt sich jetzt kurz vor der Abstimmung gegen das Gesetz zu wenden, hätten sich die Herren Stadtpräsidenten wohl besser im Vorfeld dafür engagieren sollen, dass im Solothurner Gesetz wie in dem von Luzern das Wort „Biogas“ Eingang gefunden hätte. Denn es vermuten nicht wenige Leute wohl zurecht, dass hinter dem vehementen Nein der drei Stadtpräsidenten primär die Stadt- resp. Gaswerke stehen, die um ihre Pfründen fürchten.
Ist Olten als Energiestadt noch glaubwürdig?
Diese Woche wurde an der Jahresversammlung der Energiestädte in Montreux diskutiert, wie sich diese künftig aufstellen sollen. Und es wurde klar, dass man, um das Label Energiestadt zu erhalten, nicht länger nur Punkte für gute Leistungen zusammenzählen kann. Vielmehr will man künftig auch klar sagen, was eben nicht geht. Am Beispiel Olten wurde argumentiert: Wie kann eine Stadt in einem Gestaltungsplan für ein Zukunftsquartier noch Heizöl als Energieträger zulassen? Wie kann eine Stadt sich Energiestadt nennen, wenn sich der Stadtpräsident gegen ein durchaus nicht revolutionäres Gesetz stemmt, das im Sinne der Gemeinschaftsaufgabe von den fachlich kompetenten Leuten der Kantone gemeinsam ausgearbeitet und nun zusammen mit den Kommunen umgesetzt werden sollte. Es gab in Montreux dazu kontroverse Diskussionen: Vielleicht wird es künftig die Möglichkeit geben, einzelnen Städten und Gemeinden das Label Energiestadt subito zu entziehen, wenn sie sich offenkundig gegen die gemeinsame Sache stellen….