San Antonio auf dem Weg in die Zukunft

Am zweiten Tag dieser Reise statteten wir der 1,4 Mio-Stadt San Antonio einen Besuch ab. Als Auftakt war eine Besichtigung des Southwest Research Instituts (SwRI) angesagt, wo 2800 Mitarbeiter einen der EMPA-ähnlichen breiten Forschungsradius abdecken, sie sind zu 55% mit öffentlichen Geldern und zu 45% über Industrieaufträge finanziert. Interessant  waren die neusten Entwicklungen im Turbinenbereich, wo zusammen mit dem Departement of Energy sowie GE an superkritischen CO2-Turbinen geforscht sowie Miniturbinen von 1 – 15 MW entwickelt werden. Ein breites Angebot wurde uns auch bei den Batterien präsentiert, wo neben Tests von EV-Batterien von Tesla, VW, Chevrolet auch an der Entwicklung neuer leistungsstärkerer Batterien gearbeitet wird.  Das SwRI ist auch ein gefragter Begleiter für Firmen und öffentliche Partner bei der Entwicklung von Nachhaltigkeits- und Klimastrategien.

Smart, Datenberge und die Tech-Konzerne

Verschiedene Kurzreferate befassten sich am zweiten Reisetag mit Entwicklungen auf Quartierebene, smart Grids, smart Cities und Smart Utilities. Dabei wurde klar, dass der Umstieg der EVUs vom bisherigen Anbieter von Wasser, Gas und Elektrizität zu einem modernen Dienstleister auch eine Frage der vorhandenen Skills sowie der digitalen Kompetenz ist. Denn durch das Einsetzen von immer mehr Mess- und Controllinstrumenten kommen grosse Datenberge zusammen, welche gezielt genutzt und für die Produktgestaltung wie auch für die Steuerung und den vorausschauenden Unterhalt eingesetzt werden müssen. Leicht kommen die diversen lokalen Einsteiger in diese smarte Welt in direkte Konkurrenz zu den grossen Tech-Konzernen wie Google, Facebook etc., welche das Sammeln von Daten in verschiedensten Bereichen bereits erfolgreich erprobt haben und mit ihrer ganzen Kraft in die Energiemärkte einsteigen könnten.

Der Weg des lokalen EVU

Der CEO des lokalen EVU CPS von San Antonio, Cris Eugster, präsentierte eindrücklich den Weg vom Monopolisten mit Beteiligungen an Nuklear- und Gaskapazitäten in die Energiezukunft:  im Mittelpunkt stehen nun Wind- und Solarkraftwerke, Investitionen in die Energieeffizienz machen Sinn, Speicherung ist ein wichtiges Thema, zudem ist Flexibilität beim Bezug eine Trumpfkarte. So mietet das EVU bei den Kunden die Dächer, versieht diese mit kleinen PV-Anlagen und gibt den daraus bezogenen Strom den Hauseigentümern zu günstigen Konditionen ab (das nennt man Kundenbindung). Bei 130‘000 Kunden sind Thermostaten eingesetzt, welche dank zentraler Steuerung mithelfen die teuren Peaks (bis 9800 Dollar pro MWh) zu vermeiden.

Die Pläne der Stadtverwaltung

Die Chefin des Nachhaltigkeitsbüros der Stadt San Antonio präsentierte den städtischen Plan, um 2050 klimaneutral zu sein. Dabei wird davon ausgegangen, dass bis zum Jahrhundertende die Durchschnittstemperatur bis zu 5 Grad steigen und die Zahl der Hitzetage sich um 94 erhöhen kann. Im Bereich des Verkehrs soll rasch auf elektrische Autos umgestiegen und der Energiebedarf der Gebäude massiv reduziert werden. Obwohl man in den nächsten 10 Jahren bis zu einer Million neue Einwohner erwartet, hofft man, die Ziele mit klugen Plänen zu erreichen. Was alles zu tun ist, scheint teilweise noch offen, nicht zufälligerweise befindet sich aktuell der Bürgermeister auf einer Klimakonferenz der Green-Cities in Kopenhagen, um neue Inputs sowie Projekte kennenzulernen.

Spannende Fallbeispiele und Laborangebote

Breites Interesse fand auch die Präsentation der Hochschule Luzern zu dem dort entwickelten Labor Energy Hub, welches beim Aufbau von Quartierlösungen Unterstützung bietet. Bruno Storni präsentierte den Einsatz von smart meters in der Wasserversorgung der Gemeinde Gordola, womit gezielt Lecks gesucht und behoben werden können, sodass die Wasserverluste deutlich reduziert werden konnten. Präzise Wettervorhersagen sind bei vermehrtem Einsatz von Erneuerbaren matchentscheidend: einen neuen mit viel Bildverarbeitung gekoppelten Ansatz präsentierte Walter Richardson von der Universität Texas.

Crowd-Energy als Zukunftsmodell?

Kirstin Stadelmann von der Uni Fribourg berichtete von ihren Studien zum Einsatz der in der Mobilität breit eingeführten Sharing-Ansätze in der Energieversorgung. Konsumenten sollen zu Prosumenten werden und gemeinsam für ihre Energieversorgung Verantwortung übernehmen. Bereits wurden im Sinne des Design-Thinkings Typen von möglicherweise interessierten Bürger identifiziert, wobei in der Schweiz ja mit den Möglichkeiten des Zusammenschlusses zum Eigenverbrauch (ZEV) bereits erste konkrete Erfahrungen ausgewertet werden könnten.

Zum Abschluss ein Baustellenbesuch

Bevor es zum Nachtessen ging, zogen wir alle Gilets jaunes, Helme sowie Schutzbrillen an und besichtigten den 12-stöckigen Neubau einer lokalen Kreditfirma, welche das LEED-Platin-Niveau erreichen will. Dabei werden alle Nachhaltigkeitsinvestitionen getätigt, welche sich nicht wie üblicherweise in 3 – 5 Jahren sondern innert 40 Jahren auszahlen. Neben 2912 Solarpanelen sowie 150 Geothermie-Pfählen (im Grundwasser!), einer erstklassigen Isolation stiess vor allem das Brauchwasserkonzept auf Interesse: Regenwasser wie anfallendes Kondenswasser werden in Riesentanks gesammelt und sollen bis zu 97% des gesamten Bedarfs decken. Da man davon ausgeht, dass Wasser in dieser Region wegen des Klimawandels knapp und damit teuer werden könnte, sind diese Investitionen auch wirtschaftlich durchaus vertretbar. Gleichzeitig erhofft man sich, dass der angestrebte LEED-Platin-Standard mithelfen wird, die Vermietung zu erleichtern: immer mehr Firmen In Texas wollen als Folge ihrer Nachhaltigkeitsverpflichtungen nur noch in energieeffizienten sowie erstklassig gebauten Gebäuden ihre Büros haben und Kunden empfangen.