Von der Einspeisevergütung zur Quote?

Letzte Woche fanden zwei der energiepolitisch wichtigsten Veranstaltungen des Jahres statt: Der Stromkongress und die Swissbau. Vom Spirit und den Diskussionen her hätten sie unterschiedlicher nicht sein können. Am Stromkongress war keine Aufbruchstimmung zu spüren, trotz klarem Volksentscheid zur Energiestrategie 2050 und damit zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien. Abwarten, kritisieren und jammern war angesagt. Teilweise fühlte man sich an eine Veranstaltung des Bauernverbands erinnert: Möglichst viel fordern, wenig über die aktuellen Vorschläge (z.B. Marktdesign) diskutieren und schon gar nicht fragen, was man mit dem eigenen Unternehmen zur Erreichung der Ziele tun könnte. Man spürte, speziell im Panel der Branchenvertreter, dass sich diese Firmen gar nicht einig sind. Deshalb will man – entgegen dem Appell von VSE-Präsident Michael Wider – möglichst alles bewahren und ja nicht mutig mit eigenen Ideen vorangehen.

Blockchain und virtuelles Bundeshaus

Ganz anders die Veranstaltungen an der Swissbau. Da war beispielsweise eine Diskussion zur Relevanz des Gebäudesektors in der Energiestrategie 2050 angekündigt. Doch nach kurzer Zeit unterhielten sich Podiumsgäste bereits kompetent und konstruktiv über Eigenverbrauch, Speicher, Marktregulierung und Blockchain. Hier war der positive Geist des SIA zu spüren, der zusammen mit vielen anderen der Baubranche die Chancen der Energiestrategie nutzt, gezielt Weiterbildungen lanciert und zusammen mit der Swissbau-Messeorganisation auch ein mit vielen pfiffigen Projekten ausgestattetes Innovation Lab sowie eine Führung durch das virtuelle neue Bundeshaus anbot.

Eigentlich sind die nächsten Schritte nach dem vom Volk beschlossenen neuen Energiegesetz klar: Diverse Untersuchungen zeigen auf, dass der Markt in den nächsten Jahren die Stromversorgung sicherstellen kann und zusätzlich nur gerade eine Winterreserve zur Diskussion steht. Diesen „Notnagel“ könnte die ElCom aber bereits auf Basis der heutigen Gesetzgebung bei Bedarf einschlagen. Also ist wenig Revolutionäres beim Marktdesign zu erwarten.

Eine Quote für Erneuerbare…

Deshalb müsste sich die politische Diskussion jetzt darauf ausrichten, die nächste Etappe der Energiestrategie zu definieren und den Zubau der erneuerbaren Energien nach dem Auslaufen der Einspeisevergütung 2022 aufzugleisen. Weitere grosse Subventionsprogramme werden kaum Mehrheiten finden, sodass als Alternative jenes Zubauinstrument zum Zuge kommen könnte, das bereits im ersten Förderkonzept 2009 als Rückfallposition integriert war: Eine Quote für den Zubau von Erneuerbaren. Diese ansteigende Quote müsste von jedem Elektrizitätswerk für alle seine Kunden nachgewiesen werden, unabhängig davon, ob es den Strom selbst produziert, bei den oft geschmähten Eigenverbrauchsgemeinschaften bezieht oder von anderen Schweizer Anbietern zukauft. Damit hätten die EVUs gleich auch einen Anreiz, in ihrem Netzgebiet bei jedem Neubau zu prüfen, ob dieser als Standort für eine PV- oder Biomasse-Anlage geeignet ist. Da es dabei immer mehr nicht nur um die Strom- sondern auch um Wärmeproduktion geht, wäre dies auch ein Schritt zur nötigen Sektorkopplung. Bis jetzt haben sich nur wenige Elektrizitätswerke in diese zukunftsweisende Richtung bewegt. Gefragt sind aber immer weniger reine Stromverkäufer, sondern Energiedienstleister, welche kundennah Energie produzieren, speichern, bedarfsgerecht Strom und Wärme verkaufen sowie Serviceleistungen erbringen. Dies alles mit IT und Intelligenz gekoppelt, dürfte eine attraktive Strategie für eine Vielzahl der bisherigen Elektrizitätswerke sein.

….und Wasserkraft?

Natürlich wäre es möglich, auch für die existierende Wasserkraft eine Quote zu definieren und entsprechend die nötigen Ersatz- und Ausbauinvestitionen zu garantieren sowie zu finanzieren. Aber dies würde auch bedingen, dass die Wasserkraftproduktion dann vollständig den Schweizer Konsumenten zur Verfügung stehen müsste und alle finanziell teils hochlukrativen Opportunitäten auf den europäischen Märkten zu vergessen wären. Denn es kann nicht angehen, dass man in schlechten Zeiten auf Heimatschutz macht und die Schweizer Konsumenten zu höheren Beiträgen verpflichten will, während dann in guten Zeiten der Strom an Europas Börsen vergoldet wird.

Publiziert im Energate Messenger 26. Januar 2018